Mehr als 600 Zitate zu einem Thema, das in Bayern tabu ist.
Die Wissenschaft sagt…
Mit diesen Worten begann eine bayerische Ministerialdirigentin ihre kurze Begründung, warum sie eine Strukturdiskussion zum längeren gemeinsamen Lernen und Initiativen von Kommunen in diese Richtung grundsätzlich ablehnte.
Nun war ihr ganz bestimmt bewusst, dass „die Wissenschaft“ niemals nur mit einer Stimme spricht – das wäre totalitär -, sondern wir es mit einer Vielzahl von Stimmen zu tun haben. Es sind auf allen Seiten erkenntnisleitende Interessen, die eine Vorauswahl von dem treffen, was unser Auge und Ohr überhaupt erreicht. Selbstredend steht jede/r von uns in der Gefahr, sich nur in Informationsblasen aufzuhalten und Erkenntnisse zu ignorieren, die unser eigenes Weltbild kritisieren oder sogar erschüttern würden.
Warum diese Sammlung?
Um selbst einigermaßen die Sinne offen zu halten für Aussagen rings um die Frage des längeren gemeinsamen Lernens, habe ich versucht, einschlägige Erkenntnisse kreuz und quer aufzunehmen und dazu auch manche Diskussion geführt. Während meine Kontrahenten vonseiten der bayerischen Bildungspolitik regelmäßig behaupteten, sie könnten „hunderte“ von Studien vorlegen, die die Überlegenheit des gegliederten Schulsystems über die Gesamt- oder Gemeinschaftsschule bewiesen (zum Beispiel ein ehemaliger Staatssekretär), sind sie diesen Nachweis stets schuldig geblieben und haben es maximal auf null bis zwei Studien gebracht.
Diese Erfahrung hat die vorliegende Sammlung motiviert. Nach heutigem Stand umfasst sie 690 durchnummerierte Zitate aus 100 Quellen. Und sie wird weiter vervollständigt.
Einen Einblick in eine gewisse bajuwarische Selbstwidersprüchlichkeit gibt Zitat Nr. 690 von Dr. Spaenle, der vor Ort genau das blockiert hat, was er hier öffentlich propagiert:
Und wir müssen lokale, individuelle, auf die jeweilige Situation zugeschnittene Lösungen zulassen und entsprechende Angebote bereitstellen.
Dr. Ludwig Spaenle, ehem. bayerischer Kultusminister
Eine Sammlung, keine wissenschaftliche Arbeit
Es wäre eine Herkulesaufgabe, alle maßgeblichen pädagogischen und entwicklungspsychologischen Äußerungen zu Fragen der Schulstruktur in eine angemessene Ordnung zu bringen. Dazu müsste man sie nach Teildisziplinen, Adressaten und wissenschaftlichen Problemstellungen nicht nur sortieren, sondern auch gewichten. Zitate aus PISA-Studien beispielsweise dürften einen höheren Rang beanspruchen als die eines interessegebundenen Lehrerverbandes.
Was hier versucht wurde, ist – in Anerkenntnis des Vorläufigen – eine thematisch strukturierte Sammlung, die es gleichwohl unternimmt einen übergreifenden Zusammenhang herzustellen. Eine Fortführung durch Kritik und Präzisierung ist ausdrücklich erwünscht.
Um einen wesentlichen Einwand vorweg zu nehmen: Die Auswahl der Zitate und Titel ist – wie oben beschrieben – natürlich subjektiv. Allerdings gehe ich davon aus, dass der großen Quantität eine zunehmende Tendenz zur Objektivität innewohnt.
Ein Hinweis zum Lesen: Alle Zitate sind in schwarzer Farbe abgedruckt. Abschnitte und Überschriften in blauer Farbe stammen von mir.
Orientierung findet der systematisch vorgehende Leser durch das Inhaltsverzeichnis, eine Stichwortsuche erlaubt der Index am Ende des Textes.