Zeit für eine kurze Bilanz der ausgesprochenen Notsituation

Also, was haben wir?
Ein kurzes feature des mdr mit dem Titel: “Wie das deutsche Schulsystem Lehrer krankmacht”.
Einen Beitrag zum Versuch des bayerischen Kultusministeriums, den Lehrermangel gerade dadurch zu beheben, dass man die Arbeitsbedingungen verschärft.
Den Bericht eines voll ausgebildeten Gymnasiallehrers, der nicht gebraucht wird.
Einen Schulpädagogen aus Passau der die mit Seiteneinsteigern betriebene Flickschusterei kritisiert:
Wenn der Minister jetzt wegen Lehrermangels Quereinsteiger einstellt und diese kein Lehramtsstudium mehr benötigen, werden die Schülerinnen und Schüler ihr blaues Wunder erleben.
Prof. Norbert Seibert
Eine Veröffentlichung der Kultusministerkonferenz zum Lehrkräftebedarf in der Zukunft.
Dazu sagt Klaus Klemm im Auftrag des VBE:
Die Modellrechnungen der KMK zum Neuangebot originär ausgebildeter Lehrkräfte bis zum Jahr 2030 (gesamt: 349.310) sind höchst unseriös.
Prof. Klaus Klemm
Und weiter:
Weder sind die Annahmen der KMK durch jüngste Entwicklungen bei den Studierendenzahlen im Lehramtsstudium gedeckt noch durch die Zahl der Schulabsolventinnen und -absolventen in den kommenden Jahren. Selbst ein exorbitant hoher, kurzfristiger und kaum zu realisierender Zuwachs bei den Studierendenzahlen im Lehramt würde ein Plus an vollständig ausgebildeten Lehrkräften erst gegen Ende der Zwanzigerjahre erzielen.
Außerdem:
Allein die drei schulpolitischen Reformmaßnahmen Ganztagsausbau, Inklusion und die Unterstützung von Kindern in herausfordernden sozialen Lagen lösen laut vorliegender Untersuchung bis 2030 einen weiteren Lehrkräftebedarf von 74.400 Personen aus. Diesen Bedarf berücksichtigt die KMK in ihren Berechnungen nicht! Auch weitere Maßnahmen wie etwa kleinere Klassenteiler, um qualitativ gute Bildung auch bei zunehmender Heterogenität im Sinne gerechter Bildung in den Klassen zu gewährleisten, fließen in die KMK-Berechnungen nicht ein.
Zusammengefasst:
Berechnungen der KMK: 2025 Lehrkräftemangel von 20.000 und bis 2030 von 14.000
Berechnungen von Klaus Klemm: für 2025 Lehrkräftemangel von 45.000 und für 2030 von 81.000
Was soll man dazu sagen? “Schlimmer geht immer”? “Armes Deutschland”?
Und hier die Nachträge:
In Sachsen-Anhalt wird derzeit in keiner der Schulformen eine vollständige Unterrichtsversorgung erreicht, im Schnitt lag diese zuletzt bei 94 Prozent. Damit ist die Koalition deutlich von ihrem Ziel einer 103-prozentigen Unterrichtsversorgung entfernt. In der jüngsten großen Lehrer-Ausschreibungsrunde von Mitte Dezember bis Ende Januar meldeten sich nur 414 Bewerber auf 916 Stellen für allgemeinbildende und Berufsschulen.
Da gibt es eine sprudelnde Quelle von Lehrkräften aus dem Ausland. Allerdings wird es ihnen nicht leicht gemacht, bei uns zu arbeiten, berichtet der Bayerische Rundfunk.
1 comments On Sichtweisen #88: Sag mir, wo die Lehrer sind, wo sind sie gebliehieben…
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