Die Sprachbilder sind vielfältig: Es gibt Schulen, denen “pfeift der Wind um die Ohren” oder “bläst ihnen mitten ins Gesicht”, denen “geht es nass rein”, die “müssen den Stürmen trotzen” und sind “völlig durch den Wind”. Eine Initiative in Schleswig-Holstein hat sich einen Namen gegeben, der zeigt, dass sie bei allen Widrigkeiten dennoch nicht das Heft des Handelns aus der Hand geben wollen: “Schulen am Wind”. Es folgen Zitate von der Website dieser Initiative.
Welche Kinder werden diesen Schulen an Bord gespült?
Die Schüler sind gekennzeichnet durch
- Migrationshintergrund von bis zu 80 %
- staatliche Unterstützungsleistungen bei bis zu 70 % der Schülerinnen und Schüler
- viele Elternhäuser, in denen die Bildungssprache Deutsch kaum bis gar nicht gesprochen wird
- flächendeckend kaum vorhandene häusliche Unterstützung bei Bildungsprozessen
- bis zu 20 % der Schülerschaft mit sonderpädagogischem Förderbedarf
- forcierte Aufnahme von DaZ-Kindern mit nur rudimentären Deutsch-Kenntnissen
- zunehmende Zahl von Kindern mit erheblichen Verhaltensauffälligkeiten an der Grenze der Beschulbarkeit
- in jeder Lerngruppe 3-4 potenzielle „Systemsprenger“
- überproportional hohe Absentismusquoten.
Jetzt ist Schleswig-Holstein nicht gerade als das Armenhaus Deutschlands bekannt. Woher kommt das, dass sich Problemkinder gerade an diesen Schulen zusammenfinden?
Wie entstehen solche Schulen?
Die Mitglieder der Initiative beschreiben den Konzentrationsvorgang so:
- Schulen am Wind verdanken ihre Entstehung einem Phänomen, das gemeinhin unter dem Stichwort Segregation beschrieben wird: die soziale „Entmischung“ der Schülerschaft.
- Ungebremst und ungesteuert führt dieser Prozess immer wieder erneut zu prekären Standorten. Aufgezeigt am Beispiel der Schulentwicklung in Schleswig-Holstein:
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- Ab 2007 wurden im nördlichsten Bundesland Regional- und Gemeinschaftsschulen etabliert.
- Die Konzentration problematischer Aspekte an den ehemaligen Hauptschulen sollte durchbrochen werden. Die Möglichkeit, „schwierige“ Schüler/innen in Richtung Hauptschule „abzuschulen“, wurde weitgehend reduziert.
- Ziel war ein möglichst anregungsreiches, heterogenes pädagogisches Setting an den nun stärker differenzierten Schularten.
- Unterschätzt wurde allerdings, dass jede Auflösung einer prekären Schulart resp. Schule die Entwicklung neu in Gang setzt: Es beginnt damit, dass die nun „freigesetzten“ Schüler/innen an benachbarten Standorten in großer Zahl aufgenommen werden müssen.
- Bildungsaffine Elternhäuser nutzen offensiv die Schulwahlfreiheit, um ihre Kinder an Schulen außerhalb der sich neu herauskristallisierenden „Problemschulen“ und -quartiere anzumelden. Vor Ort verbleiben mehrheitlich Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern, eine „Zuwanderung“ leistungsorientierter Schülerinnen und Schüler ist hingegen kaum zu verzeichnen.
- Verschärft wird diese Situation dadurch, dass prekäre Quartiere für den relativ größten Anteil an sozial Schwachen, Migranten und Flüchtlingen genutzt werden. Die wohnortnahe Aufnahme weiterer Migranten, Flüchtlinge und DaZ-Kinder verschärft so die Polarisierung des Bildungsniveaus zwischen den Standorten.
Was tun?
Die Initiative sucht nach Lösungen innerhalb der Grenzen des bestehenden Systems.
- Lerngruppengröße von maximal 20 Schüler/innen
- Schulsozialarbeit mit einer Kapazität von 20 %
- Verteilung der Teilnehmer aus den DaZ-Basiskursen auf sämtliche Sek-I-Standorte
- „Systemzeit“ für Lehrkräfte mit überproportional hohen Beratungs- und Betreuungsaufgaben
- Anreize für hoch leistungsfähige Lehrkräfte
- erhöhtes Zeitbudget und Leitungszeit für die Schulleitungen
- offensiver Umgang mit personellen Veränderungen
- Stärkung und Ausbau der Ganztagsangebote
- einstufige Schulaufsicht.
Details finden Sie hier.