Neusprech #13: “Mansplaining!”

Die Kategorie “Neusprech” geht zurück auf das von Georg Orwell in seinem einflussreichen Roman “1984” beschriebene Newspeak. Die neue Sprache sollte den Menschen ein neues Denken – oder noch besser: Nichtdenken – einpflanzen. 

Heute wurde ich mit dem Vorwurf konfrontiert, ich betreibe “Mansplaining“. Das lief so ab:

Ein Austausch auf Twitter

Es begann mit einem Bekannten von mir, der auf Twitter seine Unzufriedenheit mit der Notengebung zum Ausdruck brachte. Dies regte eine Person zum Widerspruch an.

Nun, mein Bekannter hat nicht darüber geheult, sondern versucht, Fakten in den Meinungsaustausch einzubringen:

Ich habe ihn dabei unterstützt, die Gleichsetzung von Noten = Leistung bezweifelt und auf einen entsprechenden Blogeintrag mit zahlreichen Belegen verwiesen.

Die Antwort kam umgehend, also ganz sicher ohne dass der Aufsatz gelesen worden war, und bestand aus einem Wort:

Mansplaining

Da ich den Ausdruck bis dato noch nie gehört hatte, ein Blick auf Wikipedia:

Mansplaining bzw. Herrklärung bezeichnet Erklärungen eines Mannes, der davon ausgeht, er wüsste mehr über den Gesprächsgegenstand als die – meist weibliche – Person, mit der er spricht. Der Begriff wurde als pejorativ bzw. als Kampfbegriff beschrieben. Er benennt der Geschlechterforschung zufolge die Machtasymmetrien in der Kommunikation zwischen Männern und Frauen. Die Wortneuschöpfung entstand bei der Reflexion kommunikativer Machtausübung durch Männer.

Wikipedia

Ich antwortete meiner Gesprächspartnerin, indem ich daraus zitierte:

Was soll ich daraus schließen?

Meine Gesprächspartnerin ist durchaus aktiv auf Twitter unterwegs und durchgehend meinungsstark. Sie wirft anderen Gesprächspartnern auch gern mal ungenaue Verwendung von Begriffen etc. vor. Was mache ich jetzt also mit dem Vorwurf ein “Mansplainer” zu sein?

Ich habe dazu ein paar Fragen:

  • Wenn ein Mann in einer Diskussion mit einer Frau Argumente verwendet, ist das eine Machtausübung, die man als “Mansplaining” bezeichnen kann oder muss?
  • Oder müssen es mindestens zwei Männer sein, die damit eine Art bedrohlicher Überzahl bilden?
  • Oder ist das nur der Fall, wenn diese Argumente zu zahlreich sind oder zu fachlich?
  • Sind sie dann – eingesetzt um zu überzeugen und deshalb mit der innewohnenden Tendenz zu überwältigen unterwegs – deshalb als besondere Form von Gewaltausübung zu verstehen?
  • Was ist, wenn eine Frau dieselben Argumente verwendet?
  • Oder zwei Frauen?
  • Oder wenn eine Frau männliche Fachkollegen zitiert?
  • … ?

Fazit

Ich habe mit meiner Frau darüber gesprochen. Sie hat milde gelächelt und gemeint:

Wenn mir was nicht passt, nenne ich das in Zukunft “Mansplaining”. Problem gelöst.

4 comments On Neusprech #13: “Mansplaining!”

  • Ob es in Ihrem Fall Mansplaining war oder nicht, ist für mich weniger wichtig. Dass Sie allerdings noch nie von diesem Begriff gehört haben, ist merkwürdig, da er doch einen zentralen Vorwurf beschreibt, der uns Männern nicht zu Unrecht seitens der Frauenbewegung gemacht wird: Nämlich dass wir den Diskurs dominieren, auch ohne in die entsprechende Ahnung zu haben. Ein typischer Vertreter dieser toxischen Männlichkeit ist zum Beispiel Richard David Precht. Allerdings kann man zu unserer Verteidigung vorbringen, dass Frau Schwarzer, Frau Weidel und Frau Wagenknecht böswillig und / oder ahnungslos ebenfalls den größten Schwachsinn mit großer Erklärattitüde von sich geben.

    • Das mit “auch ohne die entsprechende Ahnung zu haben” hätte meine Gesprächspartnerin mit einem Blick auf den Link erkennen können.

      • Joachim Emde

        Tja, was soll ich sagen: Ich habe mich ja nicht dazu geäußert, dass Sie sich mehr oder weniger qualifiziert mit der Dame ausgetauscht haben, sondern dass Sie tatsächlich noch nie etwas von dem Begriff Mansplaning gehört hatten. Ähnlich erstaunt wäre ich gewesen, wenn Sie geschrieben hätten, dass das Wort “MeToo” für Sie neu gewesen sei.

      • Meine Ignoranz mal dahingestellt – besteht nicht das wesentlich größere Problem darin, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung durch die Verwendung dieses Schlagworts (wörtlich zu verstehen) verweigert wird?

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