Zum Halbjahr ziehen sie wieder Bilanz und stehen wie Preisboxer jeder in seiner Ecke: Die GEW Bayern sieht keine Möglichkeit, frei werdende Lehrerstellen gleichwertig zu besetzen. Das Kultusministerium sieht kein Problem.
Rote Ecke: GEW
„Die Grund-, Mittel- und Förderschulen leiden nach wie vor unter einem massiven Lehrkräftemangel. Jetzt kommen die Pensionierungen und die Krankheitswelle hinzu. Wie das Kultusministerium diese Lücken schließen will, erschließt sich uns nicht“, so Ruth Brenner, Sprecherin der GEW Landesfachgruppe Grund- und Mittelschulen in Bayern und ergänzt: „Der ‚Markt‘ ist in weiten Teilen Bayerns leergefegt. Gut 200 weitere Stellen mit qualifizierten Kolleg*innen zu besetzen ist ein Ding der Unmöglichkeit.“
Die GEW fordert “ein Ende der Flickschusterei”, “endlich ein stichhaltiges Konzept zur Lösung des Problems” und die notwendigen Mittel dafür.
Sie beklagt, dass Spaenle eine umfassende Digitalisierungskampagne ankündigt und dazu zahlreiche Qualifizierungsmaßnahmen:
“Viele Kolleg*innen sind bereits jetzt an der Belastungsgrenze. Zusätzlich zu Vertretungen und den vielschichtigen Aufgaben wie z.B. Ganztag und Inklusion sollen die Kolleg*innen nun auch die Digitalisierung an Schulen stemmen und das angesichts fehlenden Personals.“
Die GEW artikuliert zum wiederholten Mal ihre Vorschläge und Forderungen:
- Ein gleiches Eingangsgehalt für alle Lehrkräfte (A13 / E13).
- Eine Reform der Lehrer*innenbildung in Richtung von Stufenlehrkräften.
- Als kurzfristig mögliche Maßnahme schlägt die GEW Bayern vor, dass der „Lotsendienst“ (Grundschullehrkräfte an Realschulen und Gymnasien) künftig von Real- und Gymnasiallehrkräften übernommen wird und dass die „externe Evaluation“ ausgesetzt wird.
Blaue Ecke: Bayerisches Kultusministerium
Das Bayerische Bildungs- und Wissenschaftsministerium wird zum Schulhalbjahr 2017/2018 alle ausscheidenden Lehrkräfte an den Grund- und Mittelschulen ersetzen. Damit widerspricht das Ministerium der Einschätzung der GEW und weist deren Aussagen nachdrücklich zurück. Die GEW sorgt damit unbegründeter Weise und völlig unnötig für Verunsicherung.
Das KM rechnet vor, dass zum Schulhalbjahr 2017/2018 rund 600 Lehrkräfte mit einem Äquivalent von rund 440 Vollzeitstellen ausscheiden und beschreibt die eigenen “vielfältigen” Maßnahmen so:
Das Kultusministerium hat zur Besetzung der frei werdenden Lehrerstellen vielfältige Maßnahmen der Personalgewinnung genutzt. Dazu zählen neben der Einstellung freier Bewerberinnen und Bewerber für das Lehramt an Grund- bzw. Mittelschule das Angebot an Realschul- und Gymnasiallehrkräfte, die in ihrer Schulart keine Beschäftigung gefunden haben, sich für die Grundschule oder Mittelschule zusätzlich zu qualifizieren. Dazu kommen Lehrkräfte, die aus der Beurlaubung in den aktiven Schuldienst zurückkehren, aber auch Pensionisten, die in einem begrenzten Umfang freiwillig Dienst tun.
Zur so genannten “Zweitqualifizierung” werden auch Zahlen genannt:
Ab Februar 2018 nehmen neu rund 190 Teilnehmer an den Maßnahmen der Zweitqualifizierung für die Grund- und Mittelschulen teil. Insgesamt befinden sich derzeit über 1.300 Teilnehmer in den Maßnahmen zur Zweitqualifizierung.
Die drei von der GEW genannten Vorschläge sind dem Bayerischen KM keine Silbe wert.
Ergänzung: BEV
Am Tag danach finde ich auch noch eine Pressemeldung des Bayerischen Elternverbandes, die man auf gut Bayerisch als “Watschn” (Ohrfeige) verstehen kann – Hervorhebungen von mir:
1 comments On Sichtweisen #22: “Es reicht!” – “Nicht!”
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