Eine Grafik sagt den Kundigen oft mehr als viele Worte. Deshalb will ich mich hier darauf beschränken, einige Diagramme mit Ergebnissen wiederzugeben, die sich ohne Weiteres im Internet finden lassen.
Wichtig an den folgenden Balken ist, dass laut den Verfassern des Bildungstrends die schraffierten Balken oder Säulen nicht signifikant sind und deshalb auch nicht interpretiert werden sollten.
Deutsch
Interessant finde ich hier, dass die Hamburger Grundschüler signifikante Fortschritte (im Lesen) gegenüber 2011 gemacht haben, wohingegen andere zwischen 6 und 10 Prozent (im Zuhören) zurückgefallen sind.
Mathematik
Hier ist einer der Gründe, warum die Präsentation der Ergebnisse des Bildungstrends so viel Staub aufgewirbelt hat: Die Zahl der Grundschüler, die die Regelstandards in Mathematik erreichen, ist in sechs Bundesländern zwischen 6 und 10 Prozent zurückgegangen. Das bedeutet gleichzeitig, dass in diesen Ländern die Mindeststandards von bis zu 11 Prozent (Bremen) der Schüler nicht erreicht wurden:
Abweichungen vom Durchschnitt
Das folgende Diagramm zeigt, warum der bayerische Kultusminister die Ergebnisse des Bildungstrends voller Stolz kommentierte: Die Grundschüler hierzulande sind in ihren Lese-, Zuhör- und Rechtschreibleistungen signifikant besser als der Bundesdurchschnitt; ein bisschen mithalten können in diesen Disziplinen nur noch Sachsen und Schleswig-Holstein.
In Mathematik teilen sich die bayerischen Grundschüler den Spitzenplatz mit den Sachsen, an dritter Stelle folgt Sachsen-Anhalt.
Geschlechterunterschiede
Die Unterschiede in den Fachleistungen zwischen den Geschlechtern finde ich erstaunlich in ihrer Eindeutigkeit. Während die Mädchen in Deutsch dominieren…
… sind es die Jungs in Mathematik:
Dazu ist der Hinweis der Verfasser aufschlussreich, die beobachtet haben, dass Mädchen ihre mathematische Kompetenz niedriger einschätzen als gleich kompetente Jungs, was zu einer Verfestigung oder sogar Verstärkung geschlechtsbezogener Unterschiede in Mathe beitragen könnte.
Hintergründe
Zur Erklärung der Leistungsunterschiede zwischen den Bundesländern gibt es verschiedene Ansätze. Das Argument einiger Lehrerverbände lautete in etwa so: Für die aufgrund von Zuwanderung und Inklusion zunehmend heterogene Schülerschaft gibt es insgesamt zu wenige (gut ausgebildete) Lehrkräfte.
Demnach gäbe es einen Zusammenhang von Gesamtleistung der Grundschüler und dem jeweiligen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund. Das hätte die Vermutung zur Folge, dass die Bayern deshalb so gut abschneiden, weil sie weniger Zuwanderungskinder in den Klassen haben. Das folgende Diagramm bestätigt diesen Zusammenhang für Bayern gerade nicht – hier liegt der Anteil von Kindern ohne Migrationshintergrund in etwa im deutschen Durchschnitt.
Für die Bundesländer, in denen die Grundschüler schlechtere Leistungen gezeigt haben – BW, Bremen, Niedersachsen und NRW – würde sich dieser Zusammenhang zumindest nahelegen, denn hier liegt der Anteil der Kinder mit Zuwanderungshintergrund um einiges über dem Durchschnitt:
Nota bene
Ich kann mir diese Anmerkung nicht verkneifen: Bayern – also das Kultusministerium, die CSU, die Philologen, der Realschullehrerverband, die Gymnasial- und Realschulelternverbände – setzen ja nach wie vor auf das differenzierte Schulsystem und tun eine Gemeinschaftsschule oder Schule für Alle als “Einheitsschule” und “Gleichmacherei” ab. Dabei übersehen sie, dass die bayerische Grundschule seit Jahrzehnten eine leistungsfähige Gemeinschaftsschule für alle Kinder ist. Hier ist die “Gleichmacherei” offensichtlich nicht leistungsschädlich. Warum das, was bis in die 4. Jahrgangsstufe hinein gut funktioniert, plötzlich ab Jahrgangsstufe 5 zu bekämpfen ist, gehört vermutlich mehr in den Bereich der Ideologie als der Evidenzorientierung.